Wollt ihr jetzt Frauen abschaffen?

Immer wieder erreichen uns Anfragen, warum wir mit geschlechtsneutraler Sprache den Begriff Frauen „abschaffen wollen“. Die Verwendung von neutralen Begriffen wie “Person” und “Mensch” sehen wir als Lösungsansatz, alle zu berücksichtigen. Im Sinne eines Aufeinander-Zugehens wollen wir hier kurz unsere Position darstellen.

  • Wir wollen keinerlei Sprache „abschaffen“. Weder den Begriff „Frauen“ noch den Begriff „Männer“.
  • Wir wollen auch Frauen und Männer selbst nicht „abschaffen“.
  • Wir stehen nicht für ein Sprech- oder Sprachverbot bestimmter Formen.

Wir verwenden geschlechtsneutrale Sprache und setzen uns aus folgenden Gründen für sie ein:

1) Einfachheit

Um sowohl trans, inter* und nicht-binäre (TIN*) Personen zu inkludieren, als auch cis Personen, müssten wir lange Bezeichnungen verwenden. So müssten wir von „menstruierenden Frauen und anderen Menstruierenden“ oder „Männer und alle anderen Personen mit Risiko auf Prostataerkrankungen“ reden. Stattdessen schreiben und sprechen wir  lieber von „Menstruierenden“ oder „Menschen mit Prostata“.
Auch Grußformeln kürzen wir lieber ab. So begrüßen wir mit „Guten Tag“  oder „Sehr geehrte Verantwortliche“. Und nicht mit „Sehr geehrte Damen,  sehr geehrte Herren, sehr geehrte diverse Personen“. Kürzer und damit einfacher zu schreiben, bedeutet oft eine leichtere Lesbarkeit und eine bessere Verständlichkeit. Das ist gerade für alle Menschen, die sich nicht so viel mit Sprache befassen, und für alle Menschen, die auf einfachere Sprache angewiesen sind, wichtig.

2) Gemeinsamkeiten statt Trennendes

Die Mehrzahl der schwangeren Personen sind Frauen, die Mehrzahl der Personen mit einer Prostata Männer. Aber: Immer die „Anderen“ zu sein – das fühlt sich einfach nicht gut an. Frauen und Männer sind aber immer auch sowohl „Menschen“ als auch „Personen“. Damit sind sie mit diesen Begriffen auch immer schon gemeint, und nicht nur mitgemeint. Geschlechtsneutrale Begriffe schreiben jedem Geschlecht dieselbe Bedeutung zu. Leider wird das immer wieder so aufgefasst, als würden sie damit Geschlecht unsichtbar machen wollen. Das ist aber nicht die Intention. Wir finden es macht mehr Sinn, bestimmte Sachen direkt zu benennen. So spricht ein “Brustgesundheitszentrum”, “Intimhygiene” und “Haarsalon” alle unabhängig vom Geschlecht an.

3) Gesellschaftlicher und persönlicher Kontext

In Punkt 2 haben wir davon geschrieben, dass es sich oft nicht gut anfühlt, immer nur der*die „Anderen“ zu sein. Und gerade in Kontexten mit Fokus auf den Körper, möchten wir uns gut aufgehoben fühlen. Das kann auch bedeuten, explizit als Frau oder Mann angesprochen zu werden. Auch das will niemand „abschaffen“, wir möchten lediglich die Sprache erweitern. Gesellschaftliche Institutionen, sollen die Gesellschaft auch akkurat abbilden.

Und es sind nun einmal nicht nur Frauen von Brustkrebs und häuslicher Gewalt und nicht nur Männer von Herzinfarkt und Alkoholsucht betroffen.

So verstehen wir, dass (cis) Frauen und (cis) Männer als solche gesehen  und auch so adressiert werden sollen. Jedoch schließt zum Beispiel ein „Frauenheilkundezentrum“ viele TIN* Personen sowie cis Männer in der Bezeichnung sprachlich aus. Somit nehmen viele die Angebote nicht in Anspruch, wie eben eine benötigte Brustkrebsvorsorge. Auch erwartet diese Personen bei einem Besuch oftmals Überraschung, Diskriminierung oder Fehlbehandlung, da in einem „Frauenheilkundezentrum“ eher nicht mit ihnen gerechnet wird. Werden Menschen in ihrer Individualität nicht gesehen und anerkannt, liegt das Problem aus unserer Sicht aber nicht an einem inklusiven Überbegriff. Viel mehr liegt es am persönlichen Umgang miteinander.

4) Zumutbarkeit

Oft wird angeführt, dass aufgrund von besserer Lesbarkeit, auf bestimmte Bezeichnungen verzichtet wird. So wäre „Frauen*“ leichter zu lesen und solle trans Frauen und als weiblich gelesene Personen mitmeinen. TIN* Personen werden hier oft vergessen. Und: Menschen mit Lernschwierigkeit und Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, wird unterstellt, die Komplexität von Geschlecht nicht verstehen zu können. Geschlechtliche Vielfalt darf Menschen zugemutet werden. Das hat aber eine erst kürzlich durchgeführte Studie aus Österreich widerlegt. Nach dieser ist der Genderstern die verständlichste Form, alle Menschen miteinzubeziehen – sogar leichter, als Formen mit –ende (wie Studierende) oder der immer weiter verbreitete Doppelpunkt (Quelle: https://www.capito.eu/genderstudie/ ).

Deshalb: Wir möchten keine Begriffe oder Personengruppen “abschaffen”, sondern alle mit einbeziehen. Es geht uns um eine Gleichberechtigung aller Geschlechter in einem gesellschaftlichen Kontext. Sowie auch das Ernstnehmen jeder einzelnen Individuums, mit allem, was dies für die jeweilige Person, die jeweilige Frau, den jeweiligen Mann bedeutet.

In diesem Sinne wünschen wir uns ein Miteinander statt ein Gegeneinander, und hoffen, dazu auch mit diesem Text etwas beigetragen zu haben.

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